Im Zuge der Kostenoptimierung wurde bereits in den 1980er-Jahren begonnen, die Ablaufprozesse ganzheitlich von und zum Kunden zu betrachten. Mit dem Aufkommen des SoA-Paradigmas und ersten Angeboten von Standard-Software für Versicherungskernsysteme Anfang der 2000erJahre wurde das Thema Prozessmanagement und Prozesseffizienz deutlich präsenter. Der steigende Kostendruck durch Regulierung, demografischen Wandel sowie InsurTechs legte den Fokus der Versicherer endgültig auf die durchgängige Gestaltung und Optimierung der Vertriebs-, Bestands- sowie Schaden- und Leistungsprozesse.
PROZESSE, GESCHÄFTSREGELN, KPIS UND SERVICEINTEGRATION
Folgende Funktionen sind für ein durchgängiges Prozessmanagement nötig:
Die Ablösung der Kernsysteme durch Standardsysteme mit Möglichkeit der Echtzeitverarbeitung eröffnet das Feld für einen eventbasierten Ansatz (z.B. mittels Apache-Kafka-Plattform). Vorteile dieses Ansatzes sind ein integriertes Echtzeit-KPI-Management sowie in Cloud-Betriebsumgebungen ein direktes, natives Ausführungs- und Skalierungsangebot von Kafka.
INPUTMANAGEMENT, ANLIEGENERKENNUNG UND DATENEXTRAKTION
Prozesse können nur automatisiert ablaufen, wenn die Eingangsdaten digital vorliegen, das jeweilige Kundenanliegen richtig interpretiert wurde und die extrahierten Daten vollständig und passend zum Verarbeitungsmodell des Anliegens sind. Hierfür muss eine hohe Integration zwischen Input- und Prozessmanagement für die relevanten Eingangskanäle geschaffen werden:
Das digitale Inputmanagement mit Erkennung des Anliegens und Extraktion der für den Prozess notwendigen Inputdaten muss für die jeweiligen Inputkanäle, die jeweiligen Prozesse und Kundenanliegen sowie für begleitende Aspekte, z.B. Compliance-Vorgaben stets gleichwertig als Disziplin verfolgt werden.
POSTKORB UND ARBEITSGUTSTEUERUNG
Um ein komfortables Arbeiten für die Sachbearbeitenden zu ermöglichen, sind anstehende Vorgänge mittels eines Postkorbes an verantwortliche Personen zu verteilen. Diese können die Aufgaben zur Erledigung annehmen und die notwendigen manuellen Schritte bearbeiten, sodass der Prozess nachfolgend wieder in die automatisierte Bearbeitung für die Folgeschritte zurückgeführt werden kann. Die Arbeitsgutsteuerung steuert und verteilt den anliegenden Arbeitsvorrat auf der Basis der verfügbaren Sachbearbeiter, deren spezifischer Expertise und Kompetenzen, deren Erfahrung in der Bearbeitung von Vorgängen in definierten Bereichen sowie anhand ihres Standortes. Der Sachbearbeiter muss mittels eines Vorgangsassistenten alle Eingangsinformationen dargestellt bekommen sowie mittels einer Kontextsicht den Überblick über die relevanten Daten des Partners, der betroffenen Verträge, der anhängigen Schaden- bzw. Leistungsprozesse, der Dokumente im Archiv, des Bezahl- und Mahnstatus sowie zu weiteren Informationen (u. a. Rentabilität der Verträge) erhalten. Um eine effiziente Erledigung des Kundenanliegens durch die manuelle Bearbeitung zu erreichen, sollten Standardtätigkeiten direkt im Vorgangsassistenten durchgeführt werden können. Für komplexe Aufgaben ist ein Absprung in das jeweilige Expertensystem mit Übergabe der Kontextinformationen zu ermöglichen. Ein weiterer Aspekt ist die direkte Integration von Arbeits- und Hilfsmitteln (z.B. Bonitätsauskunft).
FOLGEPROZESSE: IN-/EXKASSO, PROVISION, OUTPUTSTEUERUNG UND ARCHIV
Um eine ganzheitliche Prozesssteuerung zu ermöglichen, sollten durch das Prozessmanagement auch Folgeprozesse gesteuert werden. Im Wesentlichen sind dies:
FAZIT
Eine gesamtheitliche Prozesssteuerung ist eine langfristige und komplexe Aufgabe. Nicht alle Prozesse und Eingangskanäle eignen sich gleichermaßen zur Automatisierung der Bearbeitung – hier sollte ein strategischer Ansatz gewählt werden, der durch die Fortschritte in der Umsetzung weiter justiert werden kann. Die notwendige Integration des Inputmanagements und der beteiligten Backend-Systeme in die Prozesssteuerung ist bei vielen Versicherungsunternehmen im Zuge der Modernisierung der Anwendungslandschaften ein wichtiger Aspekt. Nicht zuletzt sollten auch die beteiligtenund betroffenen Sachbearbeiter in die Einführung und Optimierung der Prozesssteuerung involviert werden, da diese mit den neuen Werkzeugen arbeiten müssen und ihre Erfahrungen aus der bisherigen Bearbeitung einbringen können.